Oft bekomme ich Fragen zum Spielverhalten von Babys. Spielt das Kind genug? Spielt es „richtig“? Wie viel Spielzeug braucht es wirklich? Welches Spielzeug ist gut und welches sollte ich lieber nicht kaufen. In diesem Artikel möchte ich euch eine Übersicht geben, wie sich das Spielverhalten vom Baby zum Kleinkind wandelt. Eínzelne Lebensabschnitte werde ich in folgenden Artikeln genauer behandeln.
In einem meiner letzten Artikel bin ich ja schon darauf eingegangen, dass freies Spielen besonders wichtig ist für die Entwicklung (mehr dazu HIER).
Spielverhalten und soziale Beziehungen
Mit der fortschreitenden Entwicklung des Kindes ändert sich auch sein Spielverhalten immer wieder. Mildred Parten stellte 1932 fest, dass die soziale Entwicklung, worunter auch das Spiel fällt, ein mehrstufiger Prozess ist. Er beginnt (mit Blick auf das Spiel) mit dem alleinigen Spielen und dem Zuschauen. Später entwickelt sich das Parallelspiel: Das Kind spielt in der Nähe anderer Kinder, versucht aber nicht, diese mit einzubeziehen.
Die soziale Interaktion mit anderen Kindern kommt dann in der nächsten und höchsten Ebene dazu: Das assoziative Spiel, bei dem Kinder sich zwar mit unterschiedlichen Aktivitäten beschäftigen, aber Spielsachen tauschen und miteinander reden. Und schließlich das kooperative Spiel, bei dem die Kinder an einer gemeinsamen Sache arbeiten und ein gleiches Ziel verfolgen. Das Als-Ob-Spiel fällt beispielsweise in diese Kategorie. Das Als-Ob-Spiel ist ungemein wichtig für die weitere Entwicklung, deshalb gibt es HIER einen eigenen Artikel dazu.
Inzwischen weiß man, dass die eben beschriebenen Ebenen nicht stufenweise aufeinander aufbauen, sondern auch bei älteren Kindern bis sechs Jahren immer wieder wechseln. Das parallele Spielen scheint dabei eine Art Erholung zu sein, wenn die Kinder sich den komplexen Anforderungen des kooperativen Spiels entziehen möchten. Für alle Spielarten gilt: Je älter das Kind wird, desto komplexer wird auch sein Spielverhalten.
Welches Spiel in welchem Alter?
Spielen ist Lernen. Deshalb kann man sagen, dass auch ganz kleine Babys bereits spielen, wenn sie zum Beispiel ihre Hände erkunden. Das so genannte sensomotorische Spiel kann man im 1. Lebensjahr beobachten. Der eigene Körper wird erkundet, es kommen alle Sinne zum Einsatz und einzelne Gegenstände mit Händen und/ oder dem Mund genauestens erforscht.
Als funktionales Spiel werden einfache Tätigkeiten bezeichnet, die sich oft wiederholen. Das kann ein Auto sein, das immer wieder hin und her geschoben wird oder auch zu kneten, ohne dabei etwas herzustellen. Mit diesen Tätigkeiten beschäftigen sich Kinder in den ersten beiden Lebensjahren am häufigsten.
Im konstruktiven Spiel möchten die Kinder etwa zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr Dinge erschaffen oder konstruieren. Es werden Häuser aus Bauklötzen gebaut, Burgen im Sand oder auch Bilder gemalt.
Zwischen dem zweiten und dem sechsten Lebensjahr beginnen dann die Als-Ob-Spiele oder das symbolische Spiel. Zuerst bekommen Objekte eine andere Funktion – zum Beispiel wird aus dem Holzstock ein Zauberstab. Etwas später versetzen sich die Kinder auch selbst in andere Rollen und sind in einem Moment Feuerwehrmann und im nächsten schon ein Bagger.
Spielzeug oder alleine Spielen
Generell kann bei Babyspielzeug gesagt werden: Weniger ist mehr. Zu viele Reize können dein Kind überfordern. Am liebsten sind die Kinder sowieso bei all den alltäglichen Sachen dabei, die Mama und Papa so machen.
Das bedeutet aber nicht, dass du dein Kind ständig beschäftigen musst. Dein Kind ist Teil deiner Welt und möchte sehen, fühlen, schmecken, riechen, was dazu gehört. Ist dein Kind also mittendrin in eurem Familienalltag, kann es sich auch mal alleine beschäftigen. Wichtig ist, dass es sicher ist und sich nicht wehtun kann bzw. herunterfallen.
Es gibt hier übrigens ein tolles, ganz einfaches Experiment einer Mutter, die ihrem Kind immer ein Spielzeug und einen Alltagsgegenstand hingelegt hat. Das Kind griff IMMER nach dem Alltagsgegenstand ;-).
Muss ich mir Sorgen machen, wenn mein Kindergartenkind viel alleine spielt?
Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Kinder sich gerne alleine beschäftigen. Bei dieser Frage kommt es immer darauf an, wie oft das Kind mit Gleichaltrigen spielt: Wird es ausgegrenzt, möchte es selbst nicht mitspielen? Außerdem kommt es auf die Art des Alleine-Spielens an. Sieht das Kind anderen beim Spielen zu, möchte es vielleicht erst die Situation einschätzen oder ist noch nicht bereit, sich auf neue Freundschaften einzulassen. Lass ihm also etwas Zeit und beobachte die Situation ohne sie zu bewerten.
Quellen:
- Parten, M. (1932). Social participation among pre-school children. Journal of Abnormal and Social Psychology, 27, S. 243-269.
- Berk, L. E. (2011). Entwicklungspsychologie (5. akt. Ausgabe). Hallbergmos: Pearson.
- Schneider, W. & Lindenberger, U. (Hrsg.). (2012). Entwicklungspsychologie (7., vollst. überarb. Auflage). Weinheim und Basel: Beltz Verlag.