Ich habe euch in meinem letzten Artikel die Entwicklung des Spielens im Entwicklungsverlauf von Kindern beschrieben. Das Als-Ob-Spiel ist dabei ein wichtiges Spiel und wird in allen Kulturen der Welt (mehr oder weniger ausgeprägt) gespielt.
Kinder lernen durch Vorbilder. Durch die Nachahmung von Mama, Papa oder anderen Bezugspersonen, wächst das Kind in seine soziale Umgebung hinein und findet sich in seiner Welt zurecht. Das Kind übt neu erworbene Fähigkeiten und erweitert sie dadurch auch. Anders als bei anderen Spielen dauern Als-Ob-Spiele auch wesentlich länger. Mit der Zeit werden auch andere Kinder immer mehr miteinbezogen und die Spiele werden engagierter.
Entwicklung des Als-Ob-Spiels
Um so zu tun, als ob, benötigt das Kind gewisse Voraussetzungen: Es muss zwischen Vorstellung und Realität unterscheiden können, es muss ein gewisses Verständnis für Ursache und Wirkung haben. Das alles entwickelt sich etwa ab dem 2. Lebensjahr. Als-Ob-Spiele werden von den Kindern aber bis in die Grundschulzeit gespielt und sie werden dabei immer komplexer.
Am Anfang der Als-Ob-Spiele werden von den Kindern nur realistische Gegenstände verwendet. Und zwar so, wie sie in Wirklichkeit auch verwendet würden. Beispielweise wird ein Spielzeugtelefon zum telefonieren verwendet oder ein leerer Becher, mit dem das Kind spielt, als würde es trinken. Die Gegenstände können noch nicht als Symbol für etwas anderes dienen. Das kommt erst mit etwa zwei Jahren. Da kann dann auch ein Baustein als Telefon verwendet werden oder der Becher als Hut.
Anfangs bezieht sich das Kind auf sich selbst. Das bedeutet, dass sich die Spiele zunächst nur mit eigenen Tätigkeiten beschäftigen: selbst trinken oder selbst essen. Erst mit etwa dem 3. Geburtstag kann das Kind ein eigenständiger Teilnehmer sein oder die Spielsachen Dinge selbst tun lassen – die Puppe isst alleine. Es erkennt, dass das Spiel von sich selbst unabhängig gestaltet werden kann.
Handlungen werden kombiniert. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Teeparty. Kinder, die mit dem Als-Ob-Spiel erst beginnen, tun zwar so, als würden sie trinken, denken dabei aber nicht daran, dass man den Tee zuerst eingießen muss. Erst später, wenn andere Kinder miteinbezogen werden (im soziodramatischen Rollenspiel – mehr dazu HIER) werden die Spielverläufe komplexer. Der Tee wird serviert, eingegoßen, ein Keks dazu gegessen, getrunken, und so weiter. Sich mehrere Rollen auszudenken und miteinander zu verflechten können Kinder ab etwa drei Jahren.
ältere Geschwister und gleichaltrige Kinder
In Familien, in denen es mehrere Kinder gibt und besonders in Großfamilien, kann man Als-Ob-Spiele besonders häufig beobachten. Rollenspiele, die mit älteren Geschwisterkindern gespielt werden, sind auch häufig komplexer und vielfältiger.
Das große Geschwisterkind übernimmt dann die Rolle des Lehrers. Die Verantwortung, jemandem etwas beizubringen (und der Chef zu sein 😉 ) nehmen die meisten Kinder sehr ernst.
Die Vorteile des Als-Ob-Spiels
Es gibt viele Studien darüber, dass Rollenspiele die Entwicklung geistiger Fähigkeiten fördert, zum Beispiel Aufmerksamkeit, Gedächtnis, logisches Denken, Sprache, Fantasie, Kreativität, usw.
Der unmittelbare Vorteil dieser Art des Spiels liegt für mich aber vor allem in der Interaktion des Kindes mit seiner Bezugsperson. Bei Als-Ob-Spielen siehst du das Kind häufiger an, lächelst es auch öfters an und förderst dadurch wiederum eure Bindung und Beziehung zueinander.
Ihr verbringt Zeit miteinander und das allein, ist doch schon Vorteil genug.
Quellen:
- Berk. L. E. (2011). Entwicklungspsychologie (5. akt. Ausgabe). Hallbergmos: Pearson.
- Creasey, G. L., Jarvis, P. A. & Berk, L. E. (1998). Play and social competence. In O. N. Saracho & B. Spodek (Hrsg.). Multiple perspectives on play in early childhood education. S. 116-143. Albany: State University of New York Press.
- Lillard, A. (2007). Montessori: The science behind the genius. New York: Oxford University Press.
- McCune, L. (1993). the development of play as the development of consciousness. In M. H. Bornstein & A. O-Reilly (Hrsg). New directions for child development (59). S. 67-79. San Francisco: Jossey-Bass.